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Geschichten erzählende Musiker
Kulturwelt-Konzert begeistert gut gelauntes Publikum im „mobilé”
„Lust auf Musik“ hatten sie alle: die virtuose Hausband mit Walter Lang (Piano), Martin Fredebeul (Saxophon), Peter Cudek (Bass) und „Chef“ Harald Rüschenbaum (Drums & Percussion), die Gast-Musici aus Aitrang, Füssen oder Kempten. Und das Publikum, das – wie gewohnt bei „Lust auf Musik“ – einen Überraschungs-Sonntagabend erlebte, der Gute-Laune-Vorrat für die ganze Woche bot.
Aus der Stille wuchsen wie die zarten Triebe von Frühlingsblumen Geräusche: hier ein Kratzen, dort ein Schaben, sogar ein Klingeln mit dem Schlüsselbund. Dann setzte das Saxophon ein, die Drums wurden allmählich lauter, treibender, rhythmischer, Bass und Piano kamen dazu. Und plötzlich war da Musik. Zum Greifen dicht. Es ist ja das Faszinierende an „Lust auf Musik“, dass man ganz nahe dran ist an den Musikanten und ihre Konzentration sieht, die kleinen Interaktionen, die stillen Kommandos…
Spontan applaudierte das Publikum und Hausherrin Monika Schubert konstatierte begeistert schon bei ihrer launigen Begrüßung: „Es hat immer etwas von Magie, wenn unsere Bühne bei den Open Stage Events der Kulturwelt für alle offen ist!“ Und Recht hat sie, weil niemand weiß was passiert. „Lust auf Musik“ ist immer eine Wundertüte. Voller Spontaneität und voller Überraschungen.
Da hockt sich dann z. B. der 18-jährige Marvin Voigt ans Klavier und begleitet die 19-jährige Natascha Weindler zu souligen Interpretationen von Jazz-Klassikern wie „Summertime“ und „Autumn Leaves“. Das Duo aus Kempten nennt sich „Keys, Soul and Whiskey“ und besteht mit großem Können die Talentprobe im „mobilé“.
Ein wenig schief sitzt der junge Mann am Klavier, aber er ist schon in jungen Jahren ein Tänzer auf den Tasten. Keine Spur von Lampenfieber. Die beiden werden Musik studieren. Und sie werden wiederkommen. Vielleicht – irgendwann - zu einem Solo-Konzert. Es ist ja das Geheimnis von „Lust auf Musik“, dass sich hier auch Musiker austauschen und dass Newcomer von alten Hasen lernen…
Immer neue Rhythmen mit Ruten und Besen
Jakob Greiner (mittlerweile) aus Aitrang verblüffte Kollegen und Kulisse als „Säulen-Trommler“. Im Duett mit Harald Rüschenbaum brachte der Schlagzeuger, der 35 Jahre lang im Polizeiorchester Bayern gespielt hat, das Stützelement im Bühnenraum des „mobilé“ zum Vibrieren und zum Klingen. Sein Credo: „Ich will jetzt nur noch die Musik machen, die mir gefällt!“
Es war einfach furios, beeindruckend, die beiden Ausnahme-Drummer zu erleben, wie sie genüsslich ihre große „Spielkiste“ auspackten und mit verschiedensten, teils skurril aussehenden Stöcken, Ruten und Besen immer neue Rhythmen erzeugten. Ein fulminanter Tanz der Trommler, in den sich dann ein Gast im Publikum einmischte, die Frau nahm mit ihrem Ehering auf dem Weinglas dezent den Rhythmus auf und fügte sich so gekonnt ein, dass die „Profis“ applaudierten.
Und dann setzt sich Martin Vatter ans Klavier, ein „Neuling“ im „mobilé“, aber ein Profi am Piano, beugt sich tief über die Tasten und bringt eine neue Komposition zu Gehör, die er vor wenigen Tagen dem berühmten Alpenmaler Giovanni Segantini gewidmet hat. Der Himmel, die Berge das Licht. Das war Segantinis Welt. „Segantini ist seit 119 Jahren tot, seine Botschaft kommt noch immer an“, so Martin Vatter.
Giovanni Segantini-Tage im Ostallgäu
Christoph Thoma, Vorsitzender des Vereins Kulturwelt Marktoberdorf e.V., erzählte, dass der Pianist und Komponist Martin Vatter das zusammen mit dem Kunstverein am 20./21. April in der „filmburg“ veranstaltete Segantini-Festival umrahmen wird. Und er begrüßte Wilhelm Keitel, ein international renommierter Dirigent und Musikproduzent, der als neuer Vorsitzender des Kunstvereins Marktoberdorf nach einer gemeinsamen Vorstandssitzung vorab am Sonntagnachmittag erstmals auch Gast bei „Lust auf Musik“ war.
Drei Stunden unterhaltsames, vielfältiges, überraschendes Programm, drei Stunden Konzert. Gespräche und Anekdoten kamen an diesem Abend aber auch nicht zu kurz. Im Gegenteil: noch nie hat man einen Harald Rüschenbaum so erzählfreudig erlebt. Und bekam so zu hören, wie das war, in den achtziger Jahren in New York. Als der heutige Leiter des Bayerischen Landesjugend-Jazzorchesters, den damals Großen der Szene über die Schulter schaute.
Und Martin Fredebeul berichtete grinsend, dass er vor 40 Jahren mit Harald schon in der Schülerband „Up“ gespielt hat. Zwischen den Jazz-Stücken wie „Falling Grace“ von Steve Swallow, „Vera Cruz“ von Milton Nascimento oder „Sending a message“ von und mit Martin Vatter erlebte das fröhlich-staunende Publikum immer wieder Geschichten erzählende Musiker.
Es war schon deutlich nach 22.00 h als die Musikanten und das Publikum mit einem Lächeln im Gesicht und Melodien in der Seele das „mobilé“ verließen. Den druckfrischen Folder mit Infos zu den „Segantini-Tagen“ in der „filmburg“ nahmen alle mit. Es ist doch schön, wenn sich an einem fröhlichen Abend mit viel Musik die nächsten kulturellen Ereignisse schon ankündigen… Typisch Marktoberdorf halt!